Folge, eine geordnete Liste von endlich oder unendlich vielen Zahlen.

Zumeist sind Folgen nach einem bestimmten System aufgebaut, etwa 2, 4, 8, 16, 32, . Die drei Punkte am Schluss deuten an, dass die Folge nach dem gleichen System unendlich fortgesetzt wird. Da die Zahlen einer Folge in ihrer Reihenfolge festgelegt sind, kann man sie durchnummerieren. Die Zahlenmenge einer unendlichen Folge ist somit immer abzählbar.

Eine der bekanntesten unendlichen Zahlenfolgen sind die Fibonacci-Zahlen. Sie beginnen mit 0 und 1. Jede folgende Fibonacci-Zahl ist gleich der Summe der beiden vorhergehenden Zahlen:

  0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, 610, 987, 1597, 2584, 4181, 6765...

Die Fibonacci-Zahlen tauchen in vielen mathematischen und technischen Gebieten auf, zum Beispiel im Goldenen Schnitt (Formel von Binet), im Pascalschen Dreieck (Summen der Diagonalen), in der Kombinatorik und sogar in der Natur in der Struktur von Blättern.

Die Summe einer Folge nennt man eine Reihe. Stellen wir uns vor, wir würden die Zahl 1 unendlich oft addieren:

1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + ...

Diese Summe ist offenbar unendlich groß. Und wenn man die 1 durch irgendeine andere endliche Zahl ersetzt - auch durch eine sehr kleine wie 0,00000001 - kommt man auf das gleiche Ergebnis. Eine unendliche Reihe konstanter Zahlen ist stets unendlich groß.

Wie sieht es aus, wenn die Zahlen nicht konstant bleiben, sondern sich ändern? Nehmen wir an, dass die Zahlen anwachsen, so wie oben bei der Fibonacci-Folge:

0 + 1 + 1 + 2 + 3 + 5 + 8 + ...

Diese Folge können wir jedoch wieder in die Summe lauter Einsen zerlegen:

0 + 1 + 1 + (1+1) + (1+1+1) + (1+1+1+1+1) + (1+1+1+1+1+1+1+1) + ...

Offensichtlich ist also auch die Summe einer ansteigenden unendlichen Folge stets unendlich. Die Vermutung liegt nahe, dass auch die unendliche Summe einer fallenden unendlichen Folge unendlich ist. Verblüffenderweise ist dies jedoch nicht immer der Fall.

Die einfachste Reihe fallender Zahlen sind die sogenannte geometrische Reihe:

Hier beträgt jede Zahl einfach die Hälfte der vorangehenden. Die zweitbekannteste Reihe fallender Zahlen ist die harmonische Reihe:

Beide Reihen sind Summen unendlich vieler Zahlen und sehen sehr ähnlich aus. Trotzdem gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen den beiden. Die erste ergibt nämlich eine endliche Summe, die zweite nicht. Der Mathematiker John Wallis befasste sich in seinem Buch Arithmetica Infinitorum erstmals systematisch mit unendlichen Folgen und Reihen und publizierte dieses erstaunliche Ergebnis.

Addieren wir nacheinander die einzelnen Zahlen der geometrischen Reihe aus und schauen wir, zu welcher Zahl die Gesamtsumme tendiert:

Jede Zwischensumme kommt näher an die Zahl 2 heran. Obwohl wir unendlich viele Zahlen addieren, ist das Ergebnis also keineswegs unendlich - die Summe der unendlichen geometrischen Reihe ist die endliche Zahl 2!

Anders sieht es mit den Zwischensummen der harmonischen Reihe aus. Sie wachsen langsam, aber sicher über die 2 und über jede endliche Zahl hinaus. Mathematiker sagen hierzu: Die geometrische Reihe hat einen Grenzwert, nämlich 2, die harmonische nicht. Der Umstand, dass unendlich viele Additionen manchmal einen endlichen Wert ergeben, hat bereits die alten Griechen verblüfft und führte zu den Paradoxa des Zenon von Elea.

Eine weitere interessante unendliche Reihe ist die folgende:

1 - 1 + 1 - 1 + 1 - 1 + 1 - 1 .

Diese Reihe - die Grandi-Reihe, benannt nach dem Mathematiker, der sie 1703 veröffentlichte - entspricht dem Problem des unendlichen Lichtschalters. Stellen Sie sich, vor, Sie besitzen eine sehr dauerhafte Schreibtischlampe mit einem Knopf, der die Lampe abwechselnd ein- oder ausschaltet. Nachdem Sie unendlich oft auf den Knopf gedrückt haben, ist dann die Lampe an oder aus? Oder mit anderen Worten: Welches ist der Grenzwert der obigen Reihe? Wir haben die Wahl:

1) Der Grenzwert ist 0, und die Lampe ist aus. Denn ich kann die Reihe durch Klammern folgendermaßen schreiben: (1 - 1) + (1 - 1 )+ (1 - 1) + (1 - 1) . = 0 + 0 + 0 + 0 . = 0. Und wenn ich unendlich oft auf den Knopf drücke, ist dies das gleiche wie unendlich oft zweimal auf den Knopf zu drücken. Zweimal drücken aber ändert nichts am Schaltzustand der Lampe. Sie bleibt aus.

2) Falsch, der Grenzwert ist 1 und die Lampe ist an. Denn ich kann die Reihe auch folgendermaßen schreiben: 1 + (- 1 + 1) + (- 1 + 1) + (- 1 + 1) . = 1 + 0 = 1. Und was die Lampe betrifft, so wird sie beim ersten Drücken eingeschaltet und danach durch immer zweimaliges Drücken nicht mehr verändert.

Da beide Argumente gleich berechtigt sind, obwohl sie sich offensichtlich widersprechen, gilt der Lampenzustand als unbestimmt. Die Folge, obwohl sie niemals die 1 überschreitet, ist grenzwertlos. Der Mathematiker Gottfried Leibniz vertrat sogar noch eine dritte Meinung: Der Grenzwert sei ½, da sich zwischen 0 und 1 durch das unendliche Summieren eine Art Mittelwert bilde. Dem mögen heutige Mathematiker sich aber nicht anschließen. Auch zum Lichtschalterproblem hätte Leibniz zweifellos eine unkonventionelle Lösung vorgeschlagen, wenn zu seiner Zeit das elektrische Licht schon erfunden worden wäre.


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