Vielwelten-Deutung, eine Interpretation der Quantentheorie, nach welcher neben unserem Universum eine Vielzahl von Paralleluniversen existiert. Nicht zu verwechseln mit den möglicherweise unendlich vielen Parallelwelten innerhalb unseres eigenen Universums.

Die Quantentheorie beschreibt alle Objekte durch Wellenfunktionen, die aus einer Mischung all ihrer möglichen Zustände bestehen. Erst ein äußerer Einfluss, etwa durch eine Beobachtung oder Messung, reduziert die Wellenfunktion des Objekts auf einen einzigen Zustand. Welcher das ist, hängt ab einerseits vom Zufall und andererseits von den Wahrscheinlichkeiten der möglichen Zustände.

Ein Gedankenexperiment, um dies zu verdeutlichen, ist Schrödingers Katze. Eine Katze wird in einen geschlossenen Kasten gesperrt, zusammen mit einem instabilen Atom, das mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% zerfällt. Falls der Zerfall eintritt, wird dies von einem Detektor registriert und Giftgas freigesetzt, das die Katze tötet*.

Nach der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie - so genannt nach dem Kopenhagener Physiker Niels Bohr - befindet sich die Katze, solange der Kasten isoliert und geschlossen ist, in einem Mischzustand von Leben und Tod. Ihre Wellenfunktion ist eine Überlagerung beider Zustände. Erst beim Öffnen des Kastens geht die Katze zufallsabhängig entweder in einen ganz lebendigen oder ganz toten Zustand über.

Nach der Vielwelten-Deutung von Hugh Everett spaltet sich die Welt in zwei Parallelwelten, sobald der Kasten geöffnet wird. In einer lebt die Katze, in der anderen nicht. Ansonsten sind beide Welten völlig gleich und haben, im Gegensatz zu Andrej Lindes Multiversum-Theorie, auch die gleichen Naturgesetze. Der Beobachter bekommt von dieser Aufspaltung nichts mit, da er in beiden Welten weiterlebt. Da es sehr viele beobachtungsähnliche Vorgänge im Universum gibt, existiert mittlerweile eine zwar endliche, aber extrem große Zahl von Parallelwelten.

Mathematisch sind beide Deutungen identisch, und beide liefern die gleichen Beobachtungen. Physikalisch scheint die Vielwelten-Deutung einfacher verständlich als die Kopenhagener Deutung, denn die Sonderrolle des Messprozesses und der Zufall fallen aus der Physik heraus. Physikern gefällt jedoch nicht, dass sich das Bewusstsein des Beobachters für eine Welt 'entscheiden' muss und dass man eine enorme Zahl von Welten braucht. In der Physik hat sich daher überwiegend die Kopenhagener Deutung durchgesetzt.

In letzter Zeit überlegt man sich Experimente, die zwischen den verschiedenen Deutungen unterscheiden. Allerdings sind die meisten Physiker der Ansicht, dass es solche Experimente nicht geben kann. Kontrovers diskutiert wurde folgender Vorschlag: Man konstruiert einen isolierten Kasten mit einem instabilen Atom und einer Giftgaskapsel. Ein Physiker, dem genug an der Sache liegt, wird in der Rolle von Schrödingers Katze in den Kasten gesperrt. Unter der Voraussetzung, dass sich das Bewusstsein des Wissenschaftlers stets für die Welt 'entscheidet', in der er weiterlebt, kann diesem nichts Schlimmes passieren. Dennoch hat sich bislang noch kein Physiker zur Durchführung des Experiments gefunden.


* Man könnte annehmen, dass der Physiker Erwin Schrödinger, der sich das ausdachte, ein Katzenhasser war. Tatsächlich jedoch besaß er zwei Katzen.

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