Zahlensystem, System zur Darstellung von Zahlen.

In seiner Kurzgeschichte "Das unerbittliche Gedächtnis" beschreibt Jorge Louis Borges einen Jungen, der allen Zahlen bis 24000 individuelle Namen gegeben hatte:

"Für 7013 sagte er (zum Beispiel) 'Maximo Perez'; für 7014 'Eisenbahn'; andere Zahlen waren 'Luis Melian Lafinur', 'Olimar', 'Schwefel', 'Zügel', 'Wal', 'Gas', 'Kessel', 'Napoleon', 'Agustín de Vedia' (...) Ich versuchte ihm zu erklären, dass diese Fülle unzusammenhängender Begriffe genau das Gegenteil eines Zahlensystems sei. Ich setzte ihm auseinander, dass wenn man 'Dreihundertfünfundsechzig' sagt, man drei Hunderter, sechs Zehner, fünf Einer nennt; ein System, das in den Zahlen 'Neger Timoteo' oder 'Fleischdecke' nicht zu finden ist. Funes verstand mich nicht oder wollte mich nicht verstehen. "

Um Zahlen individuell zu benennen, braucht man freilich ein unbegrenztes Gedächtnis, so wie der Junge in Borges' Geschichte. Die Idee, Zahlen mehrstellig aus einer Kombination von wenigen einzelnen Ziffern zusammenzusetzen, ist sehr alt. Das einfachste System ist ein einziffriges System, eine einfache Folge von Strichen |, ||, |||, |||| usw., wie wir es noch in den römischen Zahlen 1 bis 3 finden.

Mit mehr Ziffern lassen sich Zahlen eleganter und kürzer darstellen. In unserem von arabischen Mathematikern eingeführten Dezimalsystem bestehen Zahlen aus 10 Ziffern: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. Andere Zahlensysteme verwenden eine andere Anzahl von Ziffern. Jede Zahl lässt sich in jedem Zahlensystem darstellen, wenn auch immer auf unterschiedliche Weise.

Der Trick der modernen Zahlensysteme besteht darin, dass der Wert einer Zahl nicht nur von den benutzten Ziffern, sondern auch davon abhängt, an welcher Stelle in der Zahl sie stehen. Im Dezimalsystem hat von rechts nach links jede Stelle den zehnfachen Wert der Stelle davor, also z.B.

365,25 = 100 ∙ 3 + 10 ∙ 6 + 1 ∙ 5  + 1/10 ∙ 2 + 1/100 ∙ 5

Auf diese Weise lassen sich beliebig große und beliebig kleine Zahlen darstellen, was vor der Erfindung dieses Tricks nicht möglich war. Ein wichtiges System ist das von Leibniz entwickelte Binärsystem, welches in der Computertechnik und an anderen Stellen in diesem Buch, etwa bei der Kommunikation mit Außerirdischen, eine Rolle spielt. Im Binärsystem gibt es nur zwei Ziffern, 0 und 1, und jede Stelle hat den zweifachen Wert der Stelle davor. Also ist z.B. die Zahl 1100,11 im Binärsystem das gleiche wie 12,75 im Dezimalsystem:

1100,11 = 8 ∙ 1 + 4 ∙ 1 + 2 ∙ 0 + 1 ∙ 0 + 1/2 ∙ 1 + 1/4 ∙ 1 = 12,75

Entsprechend kann man natürlich auch Zahlensysteme mit drei, vier, oder einer beliebigen Anzahl unterschiedlicher Ziffern definieren. Von Bedeutung in der Computertechnik ist noch das Hexadezimalsystem mit 16 Ziffern. Die babylonischen Astronomen benutzten ein System mit 60 verschiedenen Ziffern, allerdings noch ohne Null. Wir benutzen dieses System heute noch, wenn auch mit normalen Dezimalzahlen, zur Zählung von Minuten und Sekunden.


 

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